8. Mai – Tag der Befreiung

Wie angekündigt begann um 15.00 Uhr am Samstag das Gedenken an den 8. Mai 1945, den Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus am Ludwigsplatz. Die Teilnehmer*innen der Veranstaltung zogen nach der Auftaktkundgebung in einem Demonstrationszug von Kundgebungsort zu Kundgebungsort, wo in den Reden jeweils ein Schwerpunkt aufgegriffen wurde.

Auf dem Weg vom Ludwigsplatz zu Georg-Büchner-Platz wurde auf Transparenten und mit Sprechgesängen auf die Forderungen aufmerksam gemacht, den 8. Mai zu einem Feiertag zu erklären und eine konsequente Entnazifizierung von Staat, Behörden, Polizei, Bundeswehr und Gesellschaft umzusetzen.

Auf dem Georg-Büchner-Platz, vor dem Staatstheater, angekommen, schloss der Redebeitrag des Bündnis gegen Rechts Darmstadt die Demo ab und es startete das Protestcamp von Seebrücke mit Redebeiträgen zum Thema Flucht und Migration.

Bis in den späten Abend hinein, war das Bündnis gegen Rechts mit ihrem antifaschistischen Infostand vertreten und wurde mit Interesse von den Teilnehmer*innen des Protestcamps besucht.

Impressionen

Einige der Redebeiträge können hier nach gelesen/gehört werden:

Redebeitrag BgR Darmstadt 08.05.2021

8. Mai – Tag der Befreiung

Am 8. Mai 1945 ist der Zweite Weltkrieg durch die bedingungslose Kapitulation Nazi-Deutschlands zu Ende gegangen. Die NS-Tyrannei hat so vielen Menschen das Leben gekostet und unvorstellbares Leid über Europa und die Welt gebracht.

Dass die unsäglichen Verbrechen Nazi-Deutschlands an diesem Tag ein Ende fanden, verdanken wir den Alliierten aus Ost und West, die unter größten Opfern bereit waren, Europa von dieser Terrorherrschaft zu befreien.

Wir gedenken heute in Trauer aller Toten des Krieges und der NS-Diktatur.

Über 60 Millionen Menschen mussten ihr Leben lassen. Alle, die den kruden Vorstellungen dieser menschenverachtenden, von Rassenwahn getriebenen Ideologie, nicht entsprachen wurden gnadenlos verfolgt und vernichtet.

Über 6 Millionen Jüdinnen und Juden wurden industriell in Konzentrationslagern ermordet. Sinti und Roma, Homosexuelle, Geisteskranke, Menschen wegen ihrer religiösen oder politischen Überzeugung, Widerstandskampfer*innen und alle, die nicht in das völlig verzerrte, kranke Weltbild der Nazis passten wurden umgebracht.

Der 8. Mai ist sowohl der Tag der Befreiung als auch der Tag des Erinnerns. Denn die Erinnerung mahnt uns!

Wir dürfen diese Erinnerung nicht verblassen lassen! Doch nach über sieben Jahrzehnten scheint es fast so, als ob genau das passieren würde. Als ob uns die Geschichte nichts gelehrt hätte.

Seit Jahren beobachten wir ein Erstarken rechter Parteien in Europa. Auch in Deutschland sitzt mit der AfD wieder eine in Teilen rechtsextreme, faschistoide Partei im Bundestag sowie in allen Landesparlamenten.

Seit Bestehen der Bundesrepublik versuchten schon immer rechte Akteure ihre menschenfeindliche Ideologie zu verbreiten. Es fand eine Reorganisation rechtsextremer Ideologien und militanter Strukturen im Nachkriegsdeutschland statt und mündete schließlich in den 1980er Jahren in Gewalt und Terror.

Wir erinnern uns an das schreckliche Münchner Oktoberfestattentat 1980 mit 13 Toten. Insgesamt kamen in den 80er Jahren 27 Menschen durch rechtsterroristische Anschläge ums Leben.

Anfang der neunziger Jahre mussten wir die fürchterlichen Bilder von brennenden Asyl-Unterkünften miterleben. Hier seien bespielhaft die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen genannt. An den Ausschreitungen beteiligten sich mehrere hundert teilweise rechtsextreme Randalierer und bis zu 3000 applaudierende Zuschauer. Rettungskräfte und Polizei wurden behindert.

Zwischen 2000 und 2009 ermordete der NSU neun Migranten und eine Polizistin, verübte 43 Mordversuche, drei Sprengstoffanschläge in Nürnberg und Köln und 15 Raubüberfälle.

Das totale Versagen der Sicherheitsbehörden und die Nichtaufarbeitung ist bis heute ein Skandal. Genauso der unsägliche Umgang mit den Angehörigen der Opfer dieser rechts-terroristischen Mörderbande.

2015 greift ein Rechtsextremist die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit einem Messer an und verletzt sie schwer.

2016 erschießt David S. am Münchner Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) neun Menschen.

Im Juni 2019 ermordet der Rechtsextreme Stephan Ernst den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke.

Im Oktober des gleichen Jahres versucht in Halle in Sachsen-Anhalt Stephan B. in die dortige Synagoge einzudringen.

Als das misslingt, erschießt er auf der Straße eine 40 Jahre alte Frau und später in einem Imbiss einen 20 Jahre alten Mann.

In Hanau erschießt Tobias R. am 19. Februar 2020 Neun Menschen aus fremdenfeindlichen, rassistischen Motiven.

Wie man sehen kann, die Anschläge häufen sich in immer kürzeren Intervallen. Eine fatale Entwicklung! Und bei fast allen diesen Fällen stellen wir ein Totalversagen der Sicherheitsbehörden fest.

Die geschilderten rechtsterroristischen Morde haben eins gemeinsam. Sie folgen der gleichen kruden, kranken und menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten und/oder des Faschismus.

Die Täter sind keineswegs Einzeltäter! Es muss endlich Schluss sein mit diesem Märchen. Das waren sie nie und das werden sie nie sein!

Die „Neue Rechte“ versteht es nur zu gut, das Internet für sich zu nutzen und verbreitet dort ihre rechte Propaganda, ihren Hass und ihre Hetze. Ihr verlängerter Arm in die Parlamente, die AfD, leistet dem weiter Vorschub und verschiebt den Diskurs der Debatten hin zum rechten Rand. Vielschichtige rechte Gruppierungen und Parteien, wie die Identitäre Bewegung, Pegida, III. Weg und seit einem Jahr auch die Querdenken-Bewegung tragen die Hetze auf die Straße. Rechte Netzwerke bei Polizei, Geheimdiensten und Behörden steuern Informationen bei. Besorgen Waffen und Munition.

Auch wenn die schrecklichen rechtsterroristischen Anschläge in den Medien Erwähnung finden und kurzfristig großes Entsetzen auslösen, so darf das nicht darüber hinwegtäuschen, mit welcher täglichen Diskriminierung bis hin zu rassistischen, antisemitischen, menschenfeindlichen Angriffen, die hier lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte leben müssen.

Und leider, so muss man feststellen, nehmen diese Taten zu!

Bis heute müssen jüdische Einrichtungen, wie die Synagogen, durch die Polizei geschützt werden.

Und dabei mahnen uns all die Opfer der NS-Diktatur.

Wohin es führen wird, wenn man solchen Entwicklungen nicht rechtzeitig entschieden entgegentritt.

Wir dürfen diese Erinnerung nicht verblassen lassen!

Dabei spielt die politische Bildung eine entscheidende Rolle. Bei einer Umfrage gaben 26% an, wenig bis nichts über den Holocaust zu wissen. Die Wissenslücken über den Holocaust, der Shoah, der Nationalsozialisten werden von den meisten, so die Umfrage, per Spielfilmen, wie z.B. Schindlers Liste, gefüllt. Das ist eine katastrophale Entwicklung in der Erinnerungskultur.

Denn Bildung ist das A und O, um nicht auf rechte Demagogen, Verschwörungserzählern, rechten Esoterikern, religiösen Fundamentalisten und anderen Aluhut-Trägern hereinzufallen.

In meinen kurzen Ausführungen habe ich versucht darzulegen, warum es heute eine engagierte, aufgeklärte und antifaschistische Öffentlichkeit braucht. Die schweigende Mehrheit darf nicht länger schweigen. Denn auf die Sicherheitsbehörden ist leider kein Verlass.

All den rechten, rechtsextremen, menschfeindlichen Positionen, dem Hass und der Hetze, dem Antisemitismus, dem Sexismus und allen anderen Formen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit müssen wir entschieden entgegentreten.

Der Antifaschismus ist heut dringender denn je nötig. Denn nie war es für die rechte Propaganda so einfach wie heute. Durch die (a)sozialen Medien verbreitet sich Hass und Hetze wie ein Krebsgeschwür und wir Antifaschistinnen und Antifaschisten müssen die Heilung sein.

Wir fordern die Bundesregierung sowie die Landesregierungen auf, endlich die rechte Augenklappe abzulegen und Schluss mit der Hufeisentheorie zu machen. Die Gefahr kommt von rechts! Punkt!

Es bedarf einer klaren Haltung gegen Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit, Antifeminismus, Hass und Hetze und aller anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. In der Politik, in den Behörden, der Polizei, den Geheimdiensten und der Bundeswehr.

Raus mit den Faschisten!

Wir fordern die Kultusministerien auf, die absolut mangelhafte politische Bildung an unseren Bildungseinrichtungen zu verbessern und die Erinnerungskultur in geeigneter, angebrachter Weise aufrechtzuerhalten.

Und zu guter Letzt fordern wir die Bundesregierung auf,
den 08. Mai bundesweit zum Feiertag zu erklären!

Wir vom Bündnis gegen Rechts Darmstadt werden uns stehts der drohenden braunen Gefahr entgegenstellen und Fürsprecher aller Unterdrückten und Ausgegrenzten sein.

Alerta! Alerta! Antifascista!

(mzw)