Proteste der Bündnisse gegen Rechts und Bunt ohne Braun

Das Leibgardistendenkmal steht vor dem Schloss gegenüber dem Museum. Ein mit einem Speer tödlich verwundeter Löwe soll den heldenhaften Kampf der deutschen Soldaten im 1. Weltkrieg darstellen. Es wurde von Heinrich Jobst geschaffen und im Jahr 1928 enthüllt mit der Inschrift: „Dem Leibgarde-Regiment und seinen tapferen Söhnen“ gewidmet. In großer Inschrift heißt es weiter: „Joh. 15, 13 Niemand hat größere Liebe, denn die, daß er sein Leben lasset für seine Freunde.“

1947 wurden die Inschriften der Tafeln ergänzt und das Denkmal erinnert nun auch an den 2. Weltkrieg. Die Namen der Städte Kiew, Odessa, Bialystok, Minsk, Smolensk und Stalingrad wurden in die Schlossgrabenmauer gemeißelt. Orte, die für die Verbrechen der Wehrmacht stehen ; in ihnen wurde Geschichte mit viel Blut geschrieben. „Die kollektive, fast ausschließlich militärische Katastrophe des ersten Kriegs wird hier mit den Massakern an der Zivilbevölkerung und dem Völkermord des zweiten vermengt“, schrieb der englische Autor Simon Winder in seiner 2010 erschienenen Geschichtsbetrachtung „Germany, oh Germany“.

Die in dem Denkmal erwähnten Infanterieregimenter 226 und 486 wurden nach Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion an die Ostfront kommandiert.Die Gedenktafeln erwähnen mit keinem Wort die Verbrechen der Wehrmacht. Hitlers Angriffskrieg gegen die Sowjetunion hatte von Anfang nur Versklavung und Ausrottung zum Ziel. Hinter der Front machte die SS erbarmungslos Jagd auf Juden und Kommunisten. Zehntausende wurden ermordet. Wie die viel diskutierte Wehrmachtsausstellung in den neunziger Jahren aufdeckte, hatte auch die deutsche Wehrmacht alles andere als eine weiße Weste.

Der Name des Regiments 226 ist untrennbar mit dem monatelangen Gemetzel in Stalingrad verbunden. Als Teil der 6. Armee wurden die Soldaten 1942 ins Feuer der Straßenkämpfe geschickt. Das Ergebnis des Mordens ist bekannt. Die deutschen Truppen in Stalingrad wurden dezimiert, zurückgedrängt, schließlich eingekesselt und aufgerieben. Hunderttausende starben.

Bei der Kranzniederlegung waren außer zwei Teilnehmern in Uniformen aus dem 1. Weltkrieg einige Bundeswehrvertreter zugegen. Die Redner beklagten u. a. die mangelnde Traditionspflege bei der Bundeswehr.

Das  Bündnis Darmstadt gegen Rechts und Bunt ohne Braun im Landkreis Darmstadt-Dieburg protestierten in einer kleinen aber wirkungsvollen Aktion gegen diese Art der Traditionspflege und die militärverherrlichende Erinnerungskultur. „Wir gedenken der Opfer der Wehrmachtsverbrechen„ war auf dem mitgeführten Transparent zu lesen. Die „alten Kameraden“ fühlten sich sichtlich gestört. Bisher waren sie es gewohnt, unter sich ihrer Heldenverehrung nach zu gehen. Hitzige Diskussionen begleiteten die Aktion.

Ein Fortschritt in der Erinnerungskultur.

Übernahme von AfD-Themen führte zum Absturz bei den Wahlen

Die Wahlergebnisse der CDU zur Bundestagswahl in Sachsen waren verheerend. Einstmals mit Abstand stärkste Partei in Sachsen – der westdeutsche Import Kurt Biedenkopf fuhr hier Ergebnisse mit über 50 % ein – verlor die CDU bei der Bundestagswahl fast 16 % und wurde mit 26,9 %hinter der AfD nur zweitstärkste Partei. In der 40.000 Einwohnerstadt Freiberg wurde die AfD 30,1 % der Zweitstimmen klar stärkste Partei, vor der CDU mit nur 23,3 %.

Der Freiberger Stadtverband der CDU nahm seine eigene Wahlauswertung vor und sorgte mit seinen „Freiberger Thesen“ für bundesweites Aufsehen. Die „Thesen“ wurden an die Landes- und Bundesgremien der Partei verschickt, die überörtliche Presse berichtete ausführlich darüber. Holger Reuter, der Vorsitzende der Freiberger CDU und Baubürgermeister der Stadt sieht als Kernforderung des Papiers „die Wiederherstellung der innerparteilichen Demokratie.“ Laut Reuter müssen „die Mitglieder endlich wieder ernst genommen werden“ und „es muss wieder möglich sein, den innerparteilichen Diskurs ohne Denkverbote und Bevormundung von oben führen zu können.“

„Diskurs ohne Denkverbote“

Soso. Was beinhaltet nun der Diskurs ohne Denkverbote? In den Freiberger Thesen wird u. a. gefordert:

  • Rücktritt von Angela Merkel als Parteivorsitzende und Rücktritt von Generalsekretär Peter Tauber.
  • Sofortiger Aufnahmestopp von Flüchtlingen und sofortige Abschiebung aller Ausreisepflichtigen und kriminellen Asylbewerber.
  • Keine Verschärfung des Umweltrechtes, welche wirtschaftliche Entwicklungen gefährdet oder behindert, deshalb realistische Diskussion um den Verbrennungsmotor und Braunkohle als Brückentechnologie.

Mit diesem Programm soll die CDU in Sachsen wieder zu einer „Volkspartei“ werden. Der CDU-Vorsitzende Reuter äußerte gegenüber dem MDR zur Perspektive der Regierungsarbeit der CDU: „Wenn sich die AfD stabilisiert und zu einer Politik kommt, die dem Bürger auch wirklich Wege zeigt, wie es besser werden kann, dann halte ich persönlich auch eine Koalition mit der AfD für möglich“.

Noch hat die Spitze der sächsischen CDU ihre ablehnende Haltung gegenüber einer Koalition mit der AfD bekräftigt und eine Zusammenarbeit mit ihr definitiv ausgeschlossen.

Die Kandidatin Veronika Bellmann:

Veronika Bellmann ist seit 2002 als direkt gewählte Abgeordnete Mitglied des Deutschen Bundestages für den Wahlkreis Mittelsachsen (früherer Wahlkreis Freiberg/Mittleres Erzgebirge). 2013 wurde sie mit mit 51,9 % der Stimmen in den Bundestag gewählt, 2014 sackte sie ab auf 32,4 % und gewann den Wahlkreis lediglich mit 1.400 Stimmen Vorsprung vor dem AfD-Kandidaten. Welche politischen Positionen vertritt sie?

Sie ist Mitglied des konservativen Berliner Kreis in der CDU. Zu den Zielen dieses Kreises gehört, dass „die wertkonservativen und marktliberalen Wurzeln der Unionsparteien im politischen Alltag erkennbar sind und in konkrete Politik umgesetzt werden.“ Gegenüber dem Handelsblatt sprach Bellmann bereits Anfang 2015 von einer „fortschreitenden Islamisierung“ Deutschlands, die sei schon „infolge der demographischen Situation, der Geburtenfreudigkeit auf der einen und des Geburtendefizits auf der anderen Seite gegeben “. In der Flüchtlingspolitik warf sie Angela Merkel 2015 einen „ordnungspolitischen Offenbarungseid“ vor. Im September 2016 griff sie den „Freiberger Thesen“ vor und forderte, eine Koalition der CDU mit der AfD nicht grundsätzlich auszuschließen.

Sie stimmte im Bundestag gegen die Milliardenhilfen für Griechenland und schlägt eine Insolvenz der von ihr so genannten kreditunwürdigen Staaten vor. Nachdem Anfang Juni 2017 Donald Trump den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzvertrag angekündigt hatte, forderte der Berliner Kreis schon einige Tage später eine „Kehrtwende“ in der deutschen Klimapolitik. Seit Juli 2016 gehört Bellmann dem Untersuchungsausschuss zum VW-Abgasskandal an – interessant ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Forderung der Freiberger Thesen nach einer „realistische Diskussion um den Verbrennungsmotor“.

Mit diesen „konservativen“ Positionen brach sie bei den Bundestagswahl 2017 ein. Unbeirrt erklärte Bellmann nach der Veröffentlichung der Freiberger Thesen: “Die Freiberger Thesen drücken aus, was die Mehrheit der Mitglieder der Partei denkt und fühlt.“

Die Moral aus der Geschicht‘?- Übernahme der AfD-Themen lohnt sich nicht!

Veronika Bellmann, wie große Teile der CDU in Sachsen, haben die von der AfD gesetzten Themen übernommen und „bearbeitet“, zentral natürlich die „Flüchtlingsfrage“. Dabei lebten Ende 2015 in Sachsen

knapp 160.000 Ausländer, sie machten nur 3,9 Prozent der 4 Millionen Einwohner in Sachsen aus (darunter im Jahr 2015 2.421 ausländische Ärzte, das sind 12,1 Prozent aller Ärzte; »einige Kliniken könnten den Betrieb mancher Station ohne die internationalen Ärzte nicht aufrechterhalten, weil sie in Deutschland keine Mediziner finden«- so das Ärzteblatt Sachsen). Im Bundesdurchschnitt beträgt der Ausländerhantel dagegen 10,5 Prozent.

Überfremdung, drohende Islamisierung, Verlust der sächsischen Identität? Da ging Frau Bellmann mit einem populistischen Lächeln der AfD wohl gerne auf den Leim. Schüren der Vorurteile gegenüber „den Griechen“, Skepsis gegenüber dem Klimawandel, Einsatz für die Zukunft des Verbrennungsmotors und den Braunkohleabbau – diese ursprünglichen Themen der AfD vertritt diese Partei besser und „glaubwürdiger“.

Also, Anpassung an die AfD und ihre Positionen, ist nicht nur eine schlimme Politik, es verstärkt insgesamt einen reaktionären Trend und verschiebt den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts bzw. rechtsaußen. Die AfD kann sich über diese Themensetzung freuen und die „besorgten Bürger“ wählen nicht die CDU, sondern das Original, die AfD.