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Presseerklärung des Bündnis gegen Rechts Darmstadt vom 25.07.20

Seit April gibt es auch in Darmstadt regelmäßige Demonstrationen gegen die mit der Corona-Pandemie begründeten Einschränkungen im täglichen Leben. Trotz der mittlerweile weitgehenden Lockerungen ruft die Initiative „querdenken-615“ noch immer zu den Protesten auf. Diese Gruppierung behauptet, gegen die „Beschneidung der Grundrechte“ und für die „Verteidigung des Grundgesetzes“ einzutreten. Vielfach wurde schon darauf hingewiesen, dass sich bei diesen Veranstaltungen viele rechtsextremistische Elemente tummeln und auch den Ton angeben.


Diese Einschätzung wurde am 12.Juli 2020 in Darmstadt erneut bestätigt: Ein Fahrradcorso fuhr durch das Martinsviertel zum Friedensplatz, dem Ort der Kundgebung. Vor einem Cafe im Martinsviertel wurde von einem Teilnehmer der demonstrativ der Hitler-Gruß mit dem Ausruf „Sieg-Heil“ gezeigt, als einige Cafe- Besucherinnen lautstark kritische Bemerkungen in Richtung der Demonstration machten. Hierfür gibt es viele Zeug_innen. Von anderen Teilnehmerinnen der Demonstration wurde keine negative Reaktion vernommen. Der Versuch, die die Demonstration begleitenden Beamten der Stadtpolizei auf den Rechtsverstoß (§ 86 a Strafgesetzbuch) aufmerksam zu machen, scheiterte zunächst. Erst eine erneute Intervention der Zeug_innen auf dem Friedensplatz konnte der den Hitler-Gruß zeigende Demonstrationsteilnehmer in Anwesenheit der Polizei identifiziert werden. Dabei zeigte sich die Polizei nicht gerade kooperativ und, so der Eindruck, hatte eher das Interesse, die Sache herunter zu spielen. Die Demonstration sei nicht dem rechten Spektrum zuzuordnen, und der angesprochene Polizist sah nicht ein, hier wegen eines Hitlergrußes und eines „Sieg Heil“-Rufes zu ermitteln. Da der Mann die Tat erst einmal abgestritten hatte, stehe ja „Aussage gegen Aussage“. Zeug_innen aus dem Cafe sagten den Polizistinnen, dass ein weiterer anwesender Demonstrationsteilnehmer die ganze Zeit Aufnahmen von der Demonstration gemacht habe und bestimmt auch den Vorfall gefilmt habe. Dieser wollte aber die Aufnahmen nicht zeigen. Die Polizistinnen teilten ihm mit, dass er dann mit zur Wache müsse. Da der Mann mit dem „Deutschen Gruß“ dies seinem Kameraden nicht antun wollte, machte er nach Rücksprache mit einem Polizisten den Zeug_innen aus dem Cafe ein Angebot: Sie sollten auf eine Anzeige verzichten und er wolle im Gegenzug an eine jüdische Organisation spenden. Dieses „Angebot“ wurde aber abgelehnt. Der Mann bekannte daraufhin gegenüber dem Polizisten, dass er kein Problem damit habe zuzugeben was ihm vorgeworfen werde, wenn nur der Filmende keinen Stress bekomme und mit zur Wache müsse. Anstatt nun dieses Geständnis zu Protokoll zu nehmen, griff sich der Polizist an den Kopf, runzelte die Stirn und fragte ihn, ob er das tatsächlich so stehen lassen wolle. Dann müsse er nämlich von Amts wegen ermitteln. Der Beschuldigte sagte daraufhin nichts mehr.


Diese Reaktion der Darmstädter Polizei zeigt, gerade auch auf dem Hintergrund der seit Monaten laufenden Drohmails, unterzeichnet mit „NSU 2.0“, dass die für eine demokratische Polizei erforderliche Sensibilität noch sehr unterentwickelt ist. Hinzu kommt, dass die Darmstädter Polizeiführung es bis heute nicht für erforderlich gehalten hat, hierüber die Öffentlichkeit zu informieren. Dies alleine ist skandalös.
Inzwischen haben mehrere Zeug*innen vor der Polizei ausgesagt. Wir werden den Fortgang des Verfahrens aufmerksam verfolgen.

Bündnis gegen Rechts Darmstadt