Erklärung des Forums der Landesarbeitsgemeinschaften der Gedenkstätten, Erinnerungsorte und -initiativen in Deutschland und der Arbeitsgemeinschaft KZ-Gedenkstätten, verabschiedet auf der 8. bundesweiten Gedenkstättenkonferenz in Flossenbürg (Oberpfalz)

Wir fordern, dass die VVN-BdA als eingetragener Verein die Gemeinnützigkeit weiterhin und dauerhaft behält. Das fordern wir auch für alle Organisationen und Vereine, die sich durch ihr Engagement für eine demokratische Gesellschaft, gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus einsetzen.

Dem Bundesverband der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes /Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) wurde im November die Gemeinnützigkeit entzogen. Das Berliner Finanzamt für Körperschaften stützt sich dabei im Wesentlichen auf eine Nennung der VVN-BdA im Bayrischen Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2016.

Für uns war und ist die VVN-BdA ein wichtiger Partner und Akteur in der Gedenkarbeit. Von Überlebenden der Konzentrationslager und Gefängnisse 1947 gegründet, setzt sich die VVN-BdA nicht nur für die Erinnerung an die Opfer und Orte der NS-Verbrechen ein, sondern sie war in vielen Bundesländern Gründungsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaften der Gedenkstätten. Sie nimmt auch in der Gegenwart eine wichtige Rolle wahr, engagiert sich gegen einen zunehmenden gesellschaftlichen Rechtsruck, mit dem auch die Gedenkstätten- und Erinnerungsarbeit konfrontiert ist. Für Gedenk- und Vortragsveranstaltungen sowie Zeitzeugengespräche ist die Zusammenarbeit mit der VVN-BdA von großer Bedeutung – sie trägt zu einer demokratischen Erinnerungskultur bei. Ein Entzug der Gemeinnützigkeit verhindert dieses ehrenamtliche Engagement und muss deshalb zurückgenommen werden.

Eine demokratische und zivilgesellschaftliche Erinnerungskultur wird vielfach von gemeinnützigen Vereinen getragen und darf nicht dadurch geschwächt werden, dass man Gemeinnützigkeit immer enger definiert. Wir protestieren gegen dieses fatale geschichtspolitische Signal und fordern die Rücknahme der Entscheidung des Berliner Finanzamtes für Körperschaften!

Flossenbürg, 5.12.2019

Forum der Landesarbeitsgemeinschaften der Gedenkstätten, Erinnerungsorte und -initiativen in Deutschland
Andreas Ehresmann, Kirsten John-Stucke, Dr. Harald Schmid, Dr. Rainer Stommer (Sprecherrat)

Arbeitsgemeinschaft KZ-Gedenkstätten – Prof. Dr. Detlef Garbe (Sprecher)

DGB Stadtverband Darmstadt kritisiert Urteil des Bundesfinanzhofes und erklärt sich mit dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac solidarisch

Mit klaren und deutlichen Worten kritisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund – DGB Stadtverband Darmstadt das Urteil des Bundesfinanzhofes, dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit zu entziehen: „Das Urteil ist eine Entscheidung gegen die bunte, vielfältige Demokratie und ein Maulkorb für alle, die sich engagieren, für die ganze kritische Zivilgesellschaft“, betont DGB-Stadtverbandsvorsitzende Martina Hübscher-Paul. „Wenn Konzerne Steuersenkungen für sich selbst fordern, können sie die Kosten dieser Lobbyarbeit ganz legal von der Steuer absetzen. Wenn aber Attac Kampagnen gegen Steuerbetrug macht, gilt das nicht mehr als gemeinnützig. Das ist absurd und deswegen braucht Attac unsere Solidarität“. Ausdrücklich würdigt der DGB Stadtverband Darmstadt in diesem Zusammenhang die langjährige und sehr gute Zusammenarbeit mit der Attac-Regionalgruppe Darmstadt.

„Durch das Urteil des Bundesfinanzhofs wird Finanzbehörden und Politiker*innen Tür und Tor geöffnet, um kritische politische Aktivität von gemeinnützigen Vereinen über das Steuerrecht abzuwürgen“, unterstreicht der DGB Stadtverband Darmstadt. „Wenn sich zivilgesellschaftliche Organisationen künftig zu Themen wie Steuerflucht, Bedrohung der Demokratie durch Rechtspopulisten oder neoliberale Handelsabkommen äußern, gefährden sie ihre Gemeinnützigkeit und damit ihre Existenz. Das kann nicht hingenommen werden“.

Der DGB Stadtverband Darmstadt stellt fest: „Attac setzt sich infolge der Krise des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus für die Interessen der Menschen in Europa gegen Sozialabbau ein. Das ist für uns gemeinnützig. Attac kämpft gegen den Abbau von Demokratie durch die geplanten Freihandelsabkommen. Das ist für uns gemeinnützig.Attac wird von den Finanzbehörden die Vernachlässigung ihrer Bildungsarbeit vorgeworfen. Dagegen stellen wir fest: Politische Bildung findet nicht nur in Seminaren statt. Menschen bilden und entwickeln sich im Einmischen in gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Hierbei stehen wir auch weiterhin fest an der Seite von Attac und rufen alle sozialen Bewegungen in Darmstadt auf: dagegenhalten, wachsam sein, Demokratie braucht den kritischen Geist. Das ist gemeinnützig!“

Der Fall Attac zeigt: Die Interpretationsspielräume der Finanzbehörden im Umgang mit der Gemeinnützigkeit sind groß und können zu unterschiedlichen Einschätzungen führen. Die Gesetzesgrundlage, die die Gemeinnützigkeit im Steuerrecht (Abgabenordnung) beschreibt, ist offensichtlich sehr veraltet, sie stammt noch aus den Gründungsjahren der Bundesrepublik. Hier fordern wir gemeinsam mit Attac und anderen zivilgesellschaftlichen Organsiationen, mittlerweile mehr als 80: Das Gemeinnützigkeitsrecht muss modernisiert und grundlegend aktualisiert werden, es muss den Anforderungen lebendiger Demokratie mit Mitwirkung und Beteiligung in politischen Prozessen entsprechen, denn zivilgesellschaftliches Engagement muss mehr Rechtssicherheit bekommen.

Presseerklärung DGB-Stadtverband
22.03.2019