Erfolgreiche Aktion gegen Kriegsverklärung am Volkstrauertag
Das Leibgardisten-Denkmal ist unter diesem Namen nur wenigen in Darmstadt bekannt, gehen doch viele BürgerInnen an dem Löwen mit dem Pfeil in der Brust am Friedensplatz vor dem Schloss achtlos vorbei und wissen nicht um die Bedeutung des Denkmals. In den letzten Jahren legten am Volkstrauertag Vertreter der Bundeswehr, Teilnehmer von Traditionsverbänden in Uniformen aus dem 19. Jahrhundert und aus dem 1. Weltkrieg Kränze an dem Denkmal nieder und beklagten in Reden die mangelnde Traditionspflege bei der Bundeswehr.
Im letzten Jahr gab es die ersten Proteste von Friedensgruppen und dem Bündnis gegen Rechts gegen diese Art von Traditionspflege. Das hatte anscheinend gewirkt. Dieses Jahr war die Zahl der Protestierenden deutlich höher. Über 30 Aktivisten versammelten sich frühzeitig unter einem Transparent „Wir gedenken der Opfer der Wehrmachtsverbrechen“ vor dem Denkmal und statt der Heldengedenkreden informierten RednerInnen über den Charakter des Denkmals und die Greueltaten der Wehrmacht. Verlesen wurde der Armeebefehl für die 6. Armee, mit aller Gewalt gegen die Partisanen und gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen.
Und das übliche Gedenken der militaristischen Traditionsverbände? Anders als in den letzten Jahren ließ sich nur ein Bundeswehrvertreter in Uniform blicken, umkreiste in großer Entfernung den Protest und sagte anscheinend seinen sinnverwandten Kameraden Bescheid, so dass sich keiner blicken ließ und die übliche geschichtsverklärende Veranstaltung abgeblasen wurde. Die antimilitaristischen Aktivisten freuten sich über ihren Erfolg und versprachen, im nächsten Jahr wieder zu kommen.
Zur Geschichte des Denkmals:
1928 wurde das Denkmal enthüllt und es sollte dem „Leibgarderegiment und seinen tapferen Söhnen“ gedenken. Nach dem 2. Weltkrieg wurden Zusätze eingemeiselt, die den Angriffskrieg von Hitler-Deutschland verfälschten und verklärten und aus dem systematischen Morden an der Zivilbevölkerung und dem Raubkrieg weiterhin heldenhafte Taten machten.
So heißt die Inschrift in der Schlossgrabenmauer: „In Ehren der im Weltkrieg 1939 -1945 Gefallen der aus dem Inf(anterie) Rgt (Regiment) 115 hervorgegangenen Einheiten Inf. Rgt. 226 (und) Inf. Rgt: 485“. Die Infanterieregimenter 115 und 226 waren Teil der 6. Armee, die Russland überfiel. Die Namen der Schlachtfelder Stalingrad, Kiew, Smolensk, Minsk und weitere sind in die Mauer eingemeiselt. Wie die deutschen Wehrmachtstruppen gegen die Zivilbevölkerung vorgingen, zeigt folgender Armeebefehl des Oberbefehlshaber der 6. Armee vom 9. November 1941:
„Oberst Sinz wurde in der Nacht vom 5. zum 6. 11. 41 mit 2 braven Pionieren seines Regimentsstabes nach tapferer Gegenwehr von einer Partisanenbande ermordet. Andere Partisanengruppen ermordeten 5 Männer der Organisation Todt und verübten eine Reihe weiterer Untaten.
Soldaten der 6. Armee! Ihr habt alle als Rächer anzutreten zum organisierten Kampf gegen die gewissenlosen Mordbestien! Zweierlei ist dazu nötig. Einmal müßt ihr eure Sorglosigkeit in diesem heimtückischen Lande aufgeben, und zweitens müßt ihr Mittel zur Vernichtung dieser Mörder anwenden, die weder unserer Art entsprechen, noch jemals von deutschen Soldaten gegen eine feindliche Bevölkerung angewendet worden sind.
Dazu befehle ich:
1.) Alle ergriffenen Partisanen beiderlei Geschlechts in Uniform oder Zivil sind öffentlich aufzuhängen. Jede Widersetzlichkeit bei der Vernehmung oder während des Transportes ist durch härteste Mittel zu brechen.
2.) Alle Dörfer und Gehöfte, in denen Partisanen beherbergt oder verpflegt wurden, sind durch Einziehen der Lebensmittel, Abbrennen der Häuser, Erschießen von Geiseln und Aufhängen der Mitschuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn nicht einwandfrei nachgewiesen wird, daß die Bevölkerung sich selbst gegen die Partisanen gewehrt und dabei Verluste erlitten hat.
Plakate, die der Bevölkerung diese Maßnahmen androhen, werden demnächst verteilt. Trotzdem ist schon jetzt entsprechend zu verfahren und der Bevölkerung dies bekanntzugeben. Die Furcht vor unseren Vergeltungsmaßnahmen muß bei der Bevölkerung größer sein als die vor den Partisanen.“
Die unmenschliche Sprache und die mörderischen Befehle machen heute fassungslos. Es ist höchste Zeit das Denkmal mit der verfälschenden Kriegserinnerung mindestens mit einer deutlichen Zusatztafel zu versehen, die auf den wirklichen Charakter des Krieges hinweist.