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Rede zum 30. Januar 2021 – 105 Jahre Hindenburgstraße sind genug! – Aber: Noch weitere Straßen warten auf eine Umbenennung!

Jahrelange Arbeit und öffentlicher Druck haben letztlich dazu geführt, dass nach Hindenburg bald keine Straße mehr in Darmstadt benannt ist.
Doch lasst uns einen Blick zurück werfen: Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Darmstadt hatte den Magistrat im Frühjahr 2013 beauftragt, alle Namensgeberinnen und Namensgeber von Darmstädter Straßennamen daraufhin zu überprüfen, ob deren Leben bzw. politische Einstellung sich mit den Werten einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft vereinbaren lässt.
Die Stadt Darmstadt hatte einen Historiker mit einer entsprechenden Untersuchung beauftragt, der diese im April 2019 mit dem Titel „Projekt Darmstädter Straßennamen – Biografien erarbeitet von Dr. Holger Köhn, Büro für Erinnerungskultur“ vorgelegt hat. Sie wurde veröffentlicht und ist im Internet abrufbar. Der 430 Seiten starke Bericht umfasst etwa 110 Biografien.
Zur Bewertung der Ergebnisse hat sich ein vom Magistrat berufener Fachbeirat von sieben Kriterien leiten lassen:
(1) aktive Förderung des Nationalsozialismus in führender Stellung
(2) aktive Mitarbeit in der NSDAP und/oder deren Massenorganisationen)
(3) aktive Verbreitung der NS-Ideologie, u. a. aggressiver Antisemitismus und/oder extremer Rassismus, Führerkult in Gedanken und/oder Wirken/Praxis
(4) Anbiederung an das NS-Regime zum persönlichen Fortkommen/Aufstieg/Karriere
(5) gezielte Ausnutzung spezifisch nationalsozialistischer oder kriegsbedingter Vorteile zugunsten des Betriebs oder des Forschungsbereichs
(6) gravierende/signifikante Vertuschung bzw. Lügen zur NS-Vergangenheit nach Ende der NS-Herrschaft (z.B. im Entnazifizierungsverfahren) (zur Fortsetzung der „Karriere“ bzw. zum persönlichen und/oder beruflichen Fortkommen)
(7) unkritische Befürwortung des Krieges, auch seiner Fortsetzung/Verlängerung, z.B. durch Forschung zu Waffen, Massenvernichtungsmitteln
In sieben Fällen empfahl der Fachbeirat einstimmig die Umbenennung: von der Au Straße, Brandisstraße, Georgiiplatz, Grundstraße, Kleukensweg, Kuhnweg, Alarich-Weiss-Straße.

In fünf Fällen war der Beirat im Hinblick auf die Umbenennung geteilter Meinung und plädierte mehrheitlich, aber nicht einstimmig für eine Umbenennung: Robert-Cauer-Straße, Hoetgerweg, Krolowweg, Max-Ratschow-Weg, Hindenburgstraße. In weiteren fünf Fällen war der Beirat nach kritischer Würdigung für die Beibehaltung: Hammerweg, Kriegerweg, Albinmüllerweg, Sabaisplatz, Schmelzerweg Umbenannt werden also: von der Au Straße, Brandisstraße, Georgiiplatz, Grundstraße, Kleukensweg, Kuhnweg, Alarich-Weiss-Straße, und die Hindenburgstraße, trotz nicht einstimmiger Empfehlung des Fachbeirats – die Geschichte kennen wir. Namensvorschläge sollten an den Magistrat geschickt werden!
Nicht umbenannt werden also die folgenden Straßen: Robert-Cauer-Straße, Hoetgerweg, Krolowweg, Max-Ratschow-Weg, Hammerweg, Kriegerweg, Albinmüllerweg, Sabaisplatz, Schmelzerweg. Diese und eine ganze lange Reihe weiterer Straßen warten allerdings dringend auf eine Umbenennung!
Von 1947 bis 2007 wurden 33 Straßen nach Personen mit eindeutiger bzw. problematischer Einstellung zum Nationalsozialismus benannt. Sie wurden benannt, als die ehrwürdige alte Sozialdemokratie, die selbst vom NS-Regime verboten wurde und ihre Mitglieder verfolgt und auch ermordet wurden, politische Möglichkeiten zur Umbenennung gehabt hätte! Ein echtes Trauerspiel. Und keine sozialdemokratisch dominierte Stadtregierung (1945-1950 OB Ludwig Metzger, 1951-1971 OB Ludwig Engel, 1971-1981 OB Heinz Winfried Sabais, 1981-1993 OB Günther Metzger, 1993- 2005 OB Peter Benz, 2005-2011 OB Walter Hoffmann) traute sich oder wollte eine Umbenennung vornehmen. Es allerdings gibt Hinweise auf alte Seilschaften und vermutlich auch Rücksichten auf bestimmte Wählerschichten. Dies sind die betreffenden Straßen: 1947: Robert-Schneider-Straße, 1949: Zerninstraße, 1953: Gerhart-Hauptmann-Straße, Wilhelm-Michel-Straße, Emil-Voltz-Straße, 1954: Kröhweg, 1956: Leydheckerstraße, 1958: Habichweg, 1958/59: Brambachweg, 1963: Hartmuth-Pfeil-Weg , 1964: Robert-Cauer-Straße, 1968: Stauffenbergstraße, 1973: Hoetgerweg, 1978: Hoelscherweg, 1979: Hammerweg, Kriegerweg, 1981: Esselbornstraße, Thießweg, Edschmidweg, 1987: Albinmüllerweg, 1988: Prinz-Ludwig-Weg, Wiesenthalweg, 1989: Sabaisplatz, 1989/1992: Borsdorffstraße, 1991: Max-Ratschow-Weg, 1997: Elisabeth-Noack-Platz, 1999: Krolowweg, 2001 Heinrich-Jobst-Treppe, 2002: Schmelzerweg, Henriette-Sennhenn-Straße, 2004: Andresweg, Von-der-Marwitz-Weg, Stühlingerweg, 2007: Liesjeweg, benannt nach Georg Benz (1901-1989), Arheilger Mundartdichter, bekannt als „Oarhelljer Liesje“.

Aus dieser langen Liste will ich einige wenige herausgreifen:
1964 Robert-Cauer-Straße (in der Nähe des Böllenfalltors) (1863-1947), Bildhauer, Werke in Darmstadt: 1924 Denkmal für die „Kriegsgefallenen“ in der Johanneskirche, 1925 Denkmal für die „gefallenen“ Lehrer der Viktoriaschule, 1927 Artillerie-Denkmal, das einen eine Handgranate werfenden Soldaten darstellt (daher auch „Der Handgranatenwerfer“ genannt). 1931/1932 Grabmal des 1931 verstorbenen nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten und Gauleiters Peter Gemeinder auf dem Waldfriedhof. 1934-1945 NSV. 1936 Bronzestatue einer Soldatenfigur im Sturmangriff in Rinteln. Vor 1933 beim VDA. Cauers Sohn trat der NSDAP am 1.10.1930 bei. Robert Cauer galt als politisch zuverlässig. OB Wamboldt wertete Cauers Bereitschaft, das Grabmal Gemeinders zu gestalten, als Ausdruck dessen politischer Haltung. In der Berichterstattung zu einer Jubiläums-Ausstellung anlässlich Cauers 75. Geburtstags wurde Wamboldt zitiert: „Cauers künstlerisches Schaffen zeuge für sich und ihn selbst, denn Cauer habe nie jenen destruktiven Tendenzen gehuldigt, die wir heute als entartete Kunst ansprechen, vielmehr sei er Zeit seines Lebens ein unbedingt deutschbewußter Künstler gewesen, und nichts spreche überzeugender für ihn, als daß er auch schon inmitten der Kampfzeit zu uns gestanden sei, was ja deutlich aus der Schaffung des Peter-Gemeinder-Grabmals hervorgehe“ (Hess. Landeszeitung 1938). Im Meldebogen des
Entnazifizierungsverfahrens gab Cauer 1946 als Selbsteinschätzung „Gruppe V“ an. Er wurde als „Vom Gesetz nicht betroffen“ eingestuft.

1973 Hoetgerweg (auf der Mathildenhöhe) (Berhard Hoetger 1874-1949) Bildhauer, Maler. 1909 an die Künstlerkolonie berufen und zum Professor ernannt. 1919 Gründungsmitglied der Darmstädter Sezession. Er hatte nicht nur Sympathien für die Nazis, sondern wurde auch 1934 als Maler und Bildhauer Mitglied der Reichskulturkammer. Mitglied der NSDAP, aus der er aber 1938 wegen „abweichender Kunstauffassung“ wieder ausgeschlossen wurde. Hitler hatte ihn 1936 auf dem NSDAP-Reichsparteitag scharf angegriffen. In der Ausstellung im Juli 1937 „Entartete Kunst“ in München war Hoetger mit seinen Werken vertreten. Seine Klage gegen den Ausschluss blieb vergeblich. Die Partei bestätigte ihm, daß er „ein ehrlicher Deutscher und begeistert von dem Aufbauwerk des Führers ist“ und man hofft, daß er „auch wenn er nicht Parteigenosse sein kann, sich nicht zurückzieht aus der alle deutschen Menschen umfassenden von der Bewegung geführten olksgemeinschaft und sich in der Zukunft als wertvolles aufbauendes Element in ihr erweist“, aber die „zersetzende Wirkung“ seines Schaffens der Nachkriegszeit sowie die darin zum Ausdruck kommende „politisch links gerichtete Haltung“ überwiegen die positiv gewerteten Ansätze und verursachen seine Ausgrenzung.“

1999 Krolowweg (auf der Rosenhöhe) (Karl Krolow 1915-1999) Ein Dichter und Lyriker, der sich dem Nationalsozialismus verschrieb. Seit 1956 Darmstadt. 1951 Mitglied des deutschen PEN, 1953 Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mit Sitz in Darmstadt. Vielfach geehrt: 1966 Vizepräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und 1972 Präsident, 1956 Georg-Büchner-Preis der Stadt Darmstadt, 1975 Goethe-Plakette des Landes Hessen, 1975 Silberne Verdienstplakette der Stadt Darmstadt, 1975 Großes Bundesverdienstkreuz, 1976 Ehrendoktorwürde der THD, 1983 Hessischer Kulturpreis, 1990 Hessischer Verdienstorden. Seit 1. Mai 1937 Mitglied der NSDAP. 1941 beantragte er die Aufnahme in die Reichsschrifttumskammer. 1943 und 1944 veröffentlichte Krolow Lyrik und Prosastücke in der dem Reichspropagandaminister Goebbels unterstehenden Renommierzeitschrift „Das Reich“ und konnte auch in der NS-Zeit recht umfangreich publizieren. So erschienen von 1939 bis 1944 sieben Aufsätze zur deutschen Lyrik in Zeitschriften,1940 acht, 1941 vierzehn, 1942 siebzehn,1943 dreizehn und 1944 zehn, alles Erstveröffentlichungen, alle in allgemeinen Presseorganen. Eine Darmstädter Zeitung berichtete am 7.3.2015 unter der Überschrift „Herausragender Kopf der Lyrik“, über eine Lesung am 11.März im Literaturhaus aus Anlass seines 100. Geburtstags. Diese Veranstaltung sei auf ein großes Interesse gestoßen, der Veranstaltungsraum sei bis auf den letzten Platz besetzt gewesen, berichtete eine Darmstädter Zeitung am 13.3.2015. So habe Stadträtin Iris Bachmann (Grüne) in das Leben von Krolow eingeführt. Dabei handelte es sich um „einen knappen Überblick über die verschiedenen literarischen Genres, denen sich Krolow widmete“, danach folgte eine Auflistung der vielen Auszeichnungen, die Krolow erhalten habe. „Anschließend kennzeichnete der Vorsitzende der Hessischen Literaturfreunde, Peter Benz, Krolow als poetisch hervorragend und menschlich anrührend“.

1953: Gerhart-Hauptmann-Straße (in Arheilgen) (1862-1945) Dramatiker und Schriftsteller. Er schrieb 1889 in seinem Werk, dem Drama „Vor Sonnenaufgang“: „Es ist verkehrt, den Mord im Frieden zu bestrafen und den Mord im Kriege zu belohnen. Es ist verkehrt, den Henker zu verachten und selbst, wie es die Soldaten tun, mit einem Menschenabschlachtungs-Instrument, wie es der Degen oder der Säbel ist, an der Seite stolz herumzulaufen. Den Henker, der das mit dem Beile täte, würde man zweifelsohne steinigen. Verkehrt ist es dann, die Religion Christi, diese Religion der Duldung, Vergebung und Liebe, als Staatsreligion zu haben und dabei ganze Völker zu vollendeten Menschenschlächtern heranzubilden …“.So weit, so gut. Hauptmann hatte eine sehr indifferente wechselhafte Einstellung zum Nationalsozialismus. Er unterzeichnete am 16. März 1933 eine Loyalitätserklärung der deutschen Akademie der Dichtung und beantragte Aufnahme in die NSDAP. Von der örtlichen Parteiorganisation wurde dies aber abgelehnt. Von Hitlers Reichstagsrede am 17. Mai 1933 war er tief beeindruckt. Hitlers Siege kommentierte er 1940 mit „Deutschland steht vor der Weltherrschaft. … Dazu bedurfte die Geschichte Adolph Hittlers (sic!) Weltgenie.“ Bei der Premiere der „Jungfern vom Bischofsberg“ in Berlin 1943 saß er in der Ehrenloge mit Hermann Göring. In der FAZ vom 2. Mai 2008 gibt Marcel Reich-Ranicki zu Protokoll: „Jawohl, ich habe es gesehen: Der greise Hauptmann, zu dessen Aufstieg zum großen Teil Juden beigetragen haben …, kannte tatsächlich keine Hemmungen, die Hand zum Hitlergruß zu erheben.“ 1944 wurde er von Hitler in die „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen. Auch kam er auf eine Sonderliste der unersetzlichen Künstler, was ihn von sämtlichen Kriegsverpflichtungen befreite. Bei Wilhelm von Sternburg in der FR lesen wir: „Den Ersten Weltkrieg begleitete dieser als Humanist gefeierte Dichter mit englandfeindlichen Attacken und chauvinistischen Gedichten. … Er lässt sich vom Dritten Reich vereinnahmen, lobt öffentlich das „Genie“ des Führers. … Er ist ein deutscher Bürger seiner Zeit: Nicht frei von antisemitischen Gedanken – er bewundert die heftige Antisemitin Cosima Wagner und ihren Schwiegersohn, den Rassepropagandisten Houston Stewart Chamberlain …“.

1953 Wilhelm-Michel-Straße (in Bessungen) (1877-1942) Schriftsteller. 1913 zog er nach Darmstadt, wurde Redakteur der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ des Verlegers Alexander Koch. 1919 Mit-Begründer der Darmstädter Sezession. Er schrieb für „Das Tribunal“ und den Hessischen Volksfreund. 1925 Georg Büchner-Preis. 1922 veröffentlichte er eine „Streitschrift zur Judenfrage“ mit dem Titel „Verrat am Deutschtum“, in der er sich mit dem erstarkenden Judenhass in Deutschland auseinandersetzte. 1928 Reichbanner Schwarz-Rot-Gold. Über seine Zeit im Nationalsozialismus wird vielfach geschwiegen. Denn Michel ließ sich nach 1933 mit den Nationalsozialisten ein. So schrieb er in dem Artikel „Die Kunst im neuen Deutschland“ im Darmstädter Tagblatt am 2. Mai 1933, also direkt nach der Besetzung der Gewerkschaftshäuser durch die Nazis u. a. „Im Felde der Kunst und ihrer Pflege sind neuerdings verschiedene Maßnahmen und programmatische Erklärungen ergangen. Sie lenken den Sinn auf die Frage, wie sich das neue Deutschland zum künstlerischen Zeitausdruck stellen wird. Für eine fruchtbare Erörterung dieser Frage gibt es nur eine Grundlage: die grundsätzliche Anerkennung
der geistigen Veränderung, die sich in Deutschland angebahnt hat.“ 1933 NSReichsschrifttumskammer. Zuckmayer schreibt in seinem „Geheimreport“ über Michel: „Aus einem vorzüglichen Literaturhistoriker, speziell Hölderlinforscher … wurde auf dem bekannten Umweg über Verbitterung, materielle und berufliche Erfolglosigkeit ein unduldsamer, bösartiger Nazimitläufer …“ .

1958: Habichweg (am Marienhospital) (Ludwig Habich 1872-1949). Bildhauer. In Darmstadt schuf er viele Plastiken, Denkmäler und Grabmale. Von den Nationalsozialisten wurde er sehr verehrt. Unter anderen Kunstwerken wurde auch die lebensgroße Figur der „Deutsche Gruß“ – ein nackter Jüngling erhebt die Rechte zum Gruß – als besonders bekanntes Werk bekannt. Es war für die lokalen Nationalsozialisten ein so bedeutendes Werk, dass er hierfür den Kulturpreis für 1940 in Höhe von 3.000 RM erhielt. Die Statue war bereits im Jahr 1900 entstanden und wurde von Habich noch „Den Sternen entgegen“ genannt. Mitgliedschaften: 1933-1945 NSDAP, NSV, Reichskulturkammer.

1968: Stauffenbergstraße (Nahe des Staatstheaters) (Claus Schenk Graf v. Stauffenberg 1907-1944). Obwohl hier nicht der Platz ist, sich vertieft mit dem deutschen Widerstand auseinander zu setzen, muss doch kurz darauf eingegangen werden. Seit am 19. Juli 1953 das Denkmal für die Opfer des 20. Juli 1944 im Berliner Bendlerblock eingeweiht wurde, finden jährlich an diesem Tag vielen Gedenkveranstaltungen statt, Redner betonen den deutschen Widerstand, besonders des militärischen gegen den Nationalsozialismus. Viele Jahre nach 1945 galten Widerstandskämpfer noch als Vaterlandsverräter. Ebenso muss daran erinnert werden, dass die Widerstandskämpfer des 20. Juli mitnichten alle Demokraten waren. Als Hitler Reichskanzler wurde, war Stauffenberg junger Reichswehroffizier, bejahte das Führerprinzip, die Idee der Volksgemeinschaft, den Rassegedanken und den Antisemitismus. Für die parlamentarische Demokratie hatte er nur Verachtung übrig. Die Rüstungspläne Hitlers begrüßte er ebenso wie er den soldatischen Eid auf Hitler persönlich leistete. Auch ist nicht bekannt, dass er gegen den Röhm-Putsch 1934 oder gegen die Nürnberger Rassegesetze von 1935 protestiert hätte. Die Reichspogromnacht 1938 nahm er wohl auch hin. Und 1938 war er am Einmarsch in die Tschecheslowakei ebenso beteiligt, wie am Überfall auf Polen 1939 – kritisierte aber 1941 den militärischen Dilettantismus Hitlers. Er fürchtete, dass der Krieg nach Hitlers Kriegsführung nicht gewonnen werden konnte. Als er dies erkannte, entschloss er sich im Frühjahr 1944, das Attentat persönlich auszuführen. Es zeigte Stauffenbergs Mut und Entschlossenheit und verdient Anerkennung. Ob er jedoch heute kritiklos als Vorbild dargestellt werden kann, wie dies in Gedenkreden noch immer geschieht, ist doch mehr als zweifelhaft. Aber wenigstens konnte Deutschland nach 1945 auf einen militärischen Widerstand verweisen!

1979: Hammerweg (an der hinteren Karlstraße) (Richard Hammer 1897-1969) war ein hessischer FDP-Politiker. 1924 Arztpraxis in der Karlstraße 95. Von 1939-1945 Truppen- und Chefarzt. Nach 1945 Präsident der Ärztekammer Darmstadt. FDP-MdL 1946-1949), 1949-1957 FDP-MdB. Bereits 20 Tage nach seinem Einzug brachte Hammer, ein ehem. Mitglied der NSDAP-Schlägerbande SA und nun der „Rechtsstaatspartei“ FDP den Antrag Nr. 97 betreffend „Wiederherstellung der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung“ ein, der nichts anderes forderte, als dass „Verfahren der Entnazifizierung im Bundesgebiet mit sofortiger Wirkung beendet wird; …“. Dieser Antrag ist offenbar angenommen worden, denn bereits am 8.11.1949 fragt die FDP mit dem Mitunterzeichner Hammer mittels einer „Interpellation“ nach, wann mit der Vorlage eines Gesetzentwurfes zu rechnen sei. Stadtverordneter 1948-1949. Auszeichnungen: Silbernen Verdienstkreuz der Stadt Darmstadt, Großes Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der BRD. Als Präsident der Darmstädter Ärztekammer hat er die Zulassung des Arztes, Theologen und in der Friedensarbeit Aktiven Dr. Richtzenhain als praktischer Arzt trotz wiederholter Anträge versagt. Erst auf Grund einer Anfrage der KPD-Fraktion im Hess. Landtag wurde dies öffentlich. Die Lizenz wurde Richtzenhain am 12. Mai 1947 erteilt. „Die eingetretene Verzögerung des Entscheides ist auf Anschuldigungen zurückzuführen, die umfangreiche Erhebungen erforderlich machten“ antwortete der damalige Innenminister Zinnkann. Hammer hat auch im Meldebogen falsche Angaben gemacht. So gibt er dort wahrheitswidrig an, in keiner NS-Organisation Mitglied gewesen zu sein. Er bezeichnete sich selbst als „stadtbekannter Antifaschist“. In einem Personalbogen der Nationalsozialisten jedoch war zu lesen, dass seine Abstammung „deutschblütig“ sei, er der „Parteigliederung SA Res. II“ angehörte und „Anwärter seit 16.1.1939“ sei. Verständlich, dass Hammer im Bundestagswahlkampf 1953 mit einem Flugblatt warb, in dem gefordert wurde: „Der Entnazifizierungsrummel ist noch nicht ganz vorüber. Auch Spruchkammer-Akten gehören in den Ofen! Viele Nachkommen der Überlebenden werden noch hundert Jahre lang die männlichste Empfindung entbehren: Politische Begeisterung!“ Und weiter: „Die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches mit der Reichshauptstadt Berlin…“. Wenn das mal kein klares Signal an die ganzen ehemaligen braunen Schergen in der Stadt Darmstadt war, die in der Nazi-Zeit eine braune Hochburg war, worauf OB Partsch völlig berechtigt wiederholt hinweist. Aus Anlass seines Todes erschienen Zeitungsartikel und Nachrufe. Für die FDP-Hessen bleibt das Ehrenmitglied der FDP „ein Vorbild eines liberalen Menschen und Politikers“. Der FDP-Kreisverband trauerte „um unseren Ehrenvorsitzender. Er war uns Mentor und Vorbild der Darmstädter Liberalen. Sein aufopferungsvolles Wirken für die Bürger strahlte weit über seine engere Heimat hinaus“. Im von OB Engel und Stadtverordnetenvorsteher Otto Schmitt unterzeichneten Nachruf hieß es u. a. er „hat entschiedenen Anteil daran, nach der Diktatur, dem Terror und dem Chaos des Krieges unserem Staat eine freiheitlich-demokratische Ordnung zu geben. … Die Bürgerschaft wird seiner stets in Dankbarkeit und Anerkennung gedenken.“ Verständlich, dass einem solch „aktiven Demokraten und selbsternannten Antifaschisten“ die Ehrung einer Straßenbenennung nicht genommen werden kann. Im 2006 erschienenen Stadtlexikon Darmstadt wird Hammer unter Ausblendung seiner SA-Mitgliedschaft mit einem längeren Artikel gewürdigt.

1987 AlbinMüllerweg (Nahe des Karlshofs) (Albin Müller 1871-1941). Architekt und Maler. 1906 Darmstädter Künstlerkolonie, 1907 Professor. Ende 1918 wurde er mit Kasimir Edschmid zum Präsidenten des in Darmstadt gegründeten Kunstrats gewählt. 1917 war er mit dem Projekt eines Kriegerfriedhofs und des Boelcke- Denkmals in Dessau befasst. In einem handschriftlichen Schreiben des „Architekt – Professor Albin Müller“ vom 4. August 1940 an den „verehrten Oberbürgermeister“ grüßt er ergeben mit der Nazi-Formel „Heil Hitler“. Am 16. Mai 1943 eröffnete OB Wamboldt auf der Mathildenhöhe „eine Ausstellung, die dem Schaffen des im Oktober 1941 verstorbenen Architekten Albinmüller gewidmet ist“, berichtete die Hess. Landeszeitung. Im Darmstädter Echo vom 13. Dezember 1951 wird an den 80. Geburtstag Müllers erinnert: „Darmstadt war zu Beginn des Jahrhunderts nach der Großmannssucht der Gründerjahre und der Stilverwilderung eines prunkliebenden Historismus mit dem Jugendstil revolutionierend auf den Plan getreten….“. Die Formulierung „Stilverwilderung“ erinnert fatal an die Hetze der Nazis gegen die Darmstädter Theaterpolitik unter Gustav Hartung. Im Darmstädter Echo erinnerte Eva Reinhold-Postina am 9. August 1991 in der Reihe „Darmstädter Architekten“ an Albin Müller, die vielen Kunstwerke, Bauten und Plastiken, wie zum Beispiel das Löwentor, die Brunnenanlage auf der Mathildenhöhe. In keinem der zitierten Artikel nach 1945 wurde sein Verhältnis zum Nationalsozialismus thematisiert. Dies gilt auch für den im Stadtlexikon (2006) von Renate Ulmer verfassten Beitrag über Albinmüller. In seiner Autobiografie bekannte er sich zum Nationalsozialismus: „Das Sehnen des deutschen Volkes nach Errettung aus Schmach und Knechtschaft des verlorenen Krieges ist durch Adolf Hitler zur Erfüllung gekommen. Durch unerhörte Taten hat er – gestützt auf seine N.S.D.A.P. und auf die wiedererrichtete Wehrmacht – Deutschland wieder stark gemacht und das Großdeutsche Reich geschmiedet…. Unter der Regierung Adolf Hitlers erstehen indessen überall im Reich, zugleich mit dem Netz der Autostraßen, große repräsentative Monumentalbauten für Partei und Staat, dazu Kasernen und sonstige Heeresbauten, gewaltige Fabriken, ausgedehnte
Arbeiter- und Bauernsiedlungen.“ Er erwähnt auch seine „langjährige verehrte Freundin“ Mathilde Merck. Wahrlich erinnerungs- und ehrungswürdig!

1981 Edschmidweg (Park Rosenhöhe) (Kasimir Edschmid 1890-1966) gilt als großer Darmstädter Schriftsteller. 1919 Mitbegründer „Darmstädter Sezession“, bis 1921 deren Präsident. 1927 „Georg-Büchner-Preis“ des Volksstaates Hessen. Während des Nationalsozialismus wurde er, so heißt es, mit Schreib-, Rede- und Rundfunkverbot belegt, auch sollen Bücher von ihm verbrannt worden sein. 1949 Vizepräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Generalsekretär und Ehrenpräsident des PEN-Zentrums. 1955 Großes Bundesverdienstkreuz und 1960 mit Stern. 1960 Ehrenbürger der Stadt Darmstadt; Ehrendoktorwürde (Dr. phil.) Universität Gießen. 1957 Goetheplakette der Stadt Frankfurt. Bei diesen vielen Ehrungen stellt sich die Frage: Kasimir Edschmid, eine Lichtgestalt, die alle diese Ehrungen auch verdient hat? „Für Walter Benjamin stand Edschmid als Symbol für anspruchslose Belanglosigkeit“ lesen wir im Begleitbuch zu einer Ausstellung im Jahr 2009. Seine Reiseberichte enthielten „durchaus rassistische Passagen“ heißt es dort. Über afrikanische Frauen schrieb er: „Sie haben einen stärkeren Geruch als die Tiere. Deshalb legt man beim Jagd-Camping gern um das Zelt eines distinguierten Weißen ein paar Reihen Schwarzer – für alle Möglichkeiten eines Raubtierbesuchs. Selbst die gewaschensten haben einen leichten Affengeruch“. An Hans Grimm, dem Verfasser des von nationalsozialistischer Expansionspolitik handelnden Romans „Volk ohne Raum“ schrieb er am 1.12.1932: „… Ich habe zwei Befürchtungen, dass erstens infolge dieser andauernden geistigen Einstellungen die Nazibewegung zu rasch zusammenbricht und daher nicht dazu kommt, das wirklich Positive und Beschwingte in der Bewegung positiv umzusetzen – und dass zweitens, wenn die Bewegung doch zur Macht kommen sollte, dieses Gut von dritt- und viertklassigen Leuten vertan wird“. In einem weiteren Brief an Grimm schrieb er am 15. Mai 1933 “ Zu meinem Entsetzen sah ich, dass mein Name plötzlich auf einer Liste auftauchte, die zur Säuberung der Bibliotheken vorderhand bestimmt sein soll und infolgedessen ist es auch geschehen, dass in ein paar Städten meine Bücher verbrannt worden sind. Die Scham, der Schmerz und die Enttäuschung, die es mir bereitet hat, mich plötzlich mit der ganzen zersetzenden Literatengesellschaft zusammen zu sehen, gegen welche sich jede Faser in meinem Herzen wehrt, kann ich nicht schildern. Wenn ich mir überlege, was ich seit Jahren von jener Seite her, von Weltbühne und Tagebuch, BT und Voss (d.h. Berliner Tageblatt und Vossische Zeitung, die führenden liberalen Blätter, Anmerkung der Autoren) usw. auszustehen hatte, weil meine Einstellung eben immer positiv für Deutschland war, weil ich nie auch nur die Spur einer marxistischen Bewegung hatte, wenn ich denke, dass ich immer wieder die Welt durchstreift habe von den Einkünften aus meiner Schriftstellerei, um für positive deutsche Dinge eintreten zu können … . Und ich kann nicht mehr atmen, wenn gegen alle Vernunft und gegen alle Gerechtigkeit mein Name mit den Leuten genannt wird, die ich verachtet habe. Man mag mich für einen Juden gehalten haben (ich habe den besten arischen Stammbaum, den man sich denken kann) …“. Er pflegte Kontakte zu höchsten Nazi-Funktionären wie z. B. zum NS-Reichsstatthalter in Wien, Baldur von Schirach. Dazu passt gut, dass er 1947 im Entnazifizierungsverfahren von Henriette von Schirach als Entlastungszeuge auftrat. Ehrengrab auf dem Alten Friedhof. Bleibt die Frage, ob dieser Schriftsteller, der wohl zu einem der größten Opportunisten in der NS-Zeit gezählt werden muss – oder war er gar ein überzeugter Nazi und passte sich nach 1945 nur dem Zeitgeist an – diese ganzen Ehrungen verdient.

1933 Richard-Wagner-Weg(im Komponisternviertel) (Richard Wagner 1813-1883) Komponist. Die Straße im Darmstädter Komponistenviertel hieß ab 1918 „Alfred- Messel-Weg“ und wurde 1933 nach Richard Wagner benannt. Im „Neuen Brockhaus“ von 1942 wurde er als „einer der bedeutendsten Tonsetzer, Dichter und Kulturpolitiker“ bezeichnet. „In seinem Wirken wie in seinen Schriften trat er kämpferisch für eine vom völkischen Wesen her bestimmte neue deutsche Kultur ein“. In der 1850 in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ zunächst anonym erschienenen Schrift „Das Judentum in der Musik“ setzte er sich mit dem Beitrag der Juden in der Kunst auseinander und zeichnete ein durchgängig negatives und diskriminierendes Bild von ihnen. Borchmeyer beschreibt ihn als „entschiedenen Gegner der Judenemanzipation … Nicht die Juden sollten emanzipiert werden, sondern vielmehr die Deutschen von der Herrschaft der Juden, für ihn das Synonym für die Herrschaft des Geldes. Im „Abschlussbericht der Kommission zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen“ heißt es: „Richard Wagner gehörte sicherlich zu denjenigen, die den Antisemitismus im Bildungsbürgertum hoffähig machten. Nach dessen Tod 1883 wurde Bayreuth denn auch zu einem „geistigen Zentrum“ des rassischen Antisemitismus: Wagners Schwiegersohn, der Engländer Houston Stewart Chamberlain, schuf mit seiner 1899 veröffentlichten Schrift „Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts“, einen antisemitischen Klassiker, der auch Hitler stark beeinflussen sollte. Bekanntermaßen war Wagner denn auch Hitlers Lieblingskomponist“. Die Kommission in Freiburg empfiehlt daher, die Freiburger „Richard-Wagner-Straße“ nicht umzubenennen, sondern ein Ergänzungsschild mit der Aufschrift: „Richard Wagner (1813-1883) Weltberühmter Komponist 1850 Verfasser des antisemitischen Pamphlets „Über das Judentum in der Musik“ anzubringen. Der Stadt Darmstadt stünde es gut an, dem Darmstädter „Richard-Wagner-Weg“ eine ebensolche Erläuterungstafel anzufügen.

Quellen:
https://dfg-vk-darmstadt.de/Lexikon_Auflage_2/_Uebersicht_Strassen.htm und „Projekt Darmstädter Straßennamen – Biografien erarbeitet von Dr. Holger Köhn, Büro für Erinnerungskultur“, ist im Internet abrufbar.

Halit Yozgat war Betreiber eines Internetcafés in Kassel, Halit Yozgat wurde 21 Jahre alt. Er war das neunte und letzte Todesopfer der NSU-Mordserie, die in den Jahren 2000 bis 2006 in deutschen Großstädten durch die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verübt wurde. Halit Yozgat wurde in seinem Internetcafé im Kasseler Stadtteil Nord-Holland durch zwei gezielte Pistolenschüsse in den Kopf ermordet.
Zur Tatzeit war Andreas Temme, ein Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, anwesend, der zeitweise als Mordverdächtiger galt und festgenommen wurde. Sein Telefon wurde von der Polizei überwacht. Abgehörte Gespräche wurden erst ab 2015 öffentlich bekannt, die Ermittlungen führten bis zur Aufdeckung des NSU im November 2011 ins Leere. Trotz der weiteren Ermittlungen gegen Temme, mehrfacher Vernehmungen als Zeuge im Münchener NSU-Prozess und in verschiedenen parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, dem Eintreffen von Yozgats Vater kurz nach der Tat und der sekundengenauen Rekonstruktion des Tathergangs durch die Polizei ist der Anschlag bis heute nicht geklärt.
Nach den 10 NSU Morden wurden immer erst die Angehörigen unter Verdacht gestellt, kriminalisiert. Selbst als das Terrornetz enttarnt wurde, hat man so getan, als sei das Trio alleine mordend durchs Land gezogen. Die Netzwerkwerke und Unterstützer blieben unbeachtet. Akten, wie in Hessen aus dem NSU Untersuchungsausschuss wurden zunächst für 120 Jahre gesperrt, jetzt sind es 30 Jahre – das stinkt zum Himmel, Akten für 5 Generationen zu sperren. Was soll verborgen bleiben? Der heutige Ministerpräsident Bouffier hat als damaliger Innenminister verhindert, dass der Verfassungsschutzmann Temme befragt wurde. Er war zur Zeit der Ermordung von Halit Yozgart im Kasseler Internetcafe. Da wurde gelogen, kleingeredet und vertuscht.
Wenn sich heute Politiker aller Parteien als Kämpfer gegen Rechts gerieren, so ist das in diesem Licht betrachtet, sehr problematisch. Wenn es ernst gemeint sein sollte, muss der Sperrvermerk vom Tisch, müssen die Akten zugänglich sein, muss die Rolle des Verfassungsschutzes geklärt werden, der über V-Leute mit unseren Steuergeldern die Rechte Szene seit Jahrzehnten finanziert, über Jahre geleitet von einem, der mit den Rechten sympathisiert. Dann muss konsequent jede Vernetzung und Unterstützung aufgedeckt werden, auch in der Polizei, in der Bundeswehr, in der Verwaltung, kurz in allen Bereichen. Es ist ein Skandal, dass bis heute nicht ermittelt wurde, wer die Drohbriefe an Seda Basey-Yildiz und andere seit über 2 Jahren verschickt, mit Informationen aus Polizeicomputern.
Seit Jahren erfolgt Aufklärungsarbeit durch Antifagruppen, die kriminalisiert werden, durch NGO’s, nicht durch staatliche Organisationen. So werden offiziellen Zahlen von Rechter Gewalt und Morden mit weniger als 50 beziffert, tatsächlich sind es mehr als 200. Geschieht ein Verbrechen, sind es angeblich Einzeltäter, wird meist der politische Zusammenhang negiert. Das gilt auch für Gewalt gegen Migranten. Selbst Hassbotschaften im Internet werden oft heruntergespielt.
Wenn die Empörung gegen Rechte, die wir seit Bestehen der Bundesrepublik oft schmerzlich vermisst haben, ernst gemeint ist, dann muss gehandelt werden.
Wie kann es sein, dass fast 500 Haftbefehle gegen rechte Gewalttäter nicht vollstreckt werden? Wie kann es sein, dass die Behörden nicht zusammenarbeiten, Akten geschreddert werden. Vorgestern wurde Stefan Ernst, der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke, zu lebenslanger Haft verurteilt, aber die rechten Netzwerke wurden wieder nicht aufgedeckt, Ernst war seit über 20 Jahren aktiv, hatte auch Kontakt zu NSU. Hat er Yozgarts Cafe ausgespäht? Was ist mit den Akten? Angeblich sind sie nicht vernichtet, dürfen aber nicht verwendet werden. Das muss endlich aufgeklärt werden. Auch dafür fordern wir eine Umbenennung in Halit-Yozgat-Straße.
Alle Bekundungen gegen Rechts, die nach Lübcke, Hanau und Halle, von Seiten der Politik zu hören sind, sollten an deren Handeln gemessen werden. Eine klare Abgrenzung gegenüber der AfD ist richtig, denn sie hat deutlich dazu beigetragen, rechtes Gedankengut, Rassismus und Antisemitismus in die Mitte der Gesellschaft zu tragen und zu einem völlig veränderten politischen Klima in unserem Land geführt.
Das werden wir nicht akzeptieren. Auch dafür steht eine Umbenennung in Halit-Yozgat-Straße.
Darmstadt, 30.1.21