Sehr geehrte Damen und Herren,

bisher war die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Darmstadt nicht dafür bekannt, dass sie rechte Strömungen in der Gesellschaft unterstützt. Die letzte Veranstaltungsreihe „Medien – die 4. Gewalt, Medien und der Kampf um die öffentliche Meinung“ weisen aber auf eine starke Annäherung an Positionen der äußersten rechten Ecke hin. Zwar heißt es noch in dem Programm zu der Veranstaltungsreihe, „es ist anspruchsvoll geworden, Wahrheit von Halbwahrheit oder Manipulation zu unterscheiden,“ doch zwei von den insgesamt drei Referenten der Veranstaltungen der KHG arbeiten genau mit diesen Halbwahrheiten und Manipulationen.

Der am 28.11.2018 eingeladene Referent, Jürgen Liminski, schreibt regelmäßig für die „Junge Freiheit“, die sogar der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg als  „Scharnier zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“ beschrieb. Liminski ist in diversen Zirkeln des rechten Katholizismus tätig und tritt auch als Referent bei Veranstaltungen der AfD auf. Er ist Mitglied bei Opus Dei, einer am rechten Rand der katholischen Kirche angesiedelten Institution. Im Rahmen der Vereinigung „Demo für alle“ agitierte er gegen eine Öffnung der Lehrpläne zum Thema sexuelle Vielfalt, da dies zur „Verunsicherung der Kinder“ führe und „vor allem Pädophilen“ nütze. Die Ehe für alle solle gekippt werden.

Noch krassere Positionen vertritt der am 14.11.2018 vor der KHG referierende Matthias Matussek. Er erklärte im März diesen Jahres in einer Rede auf einer Veranstaltung der AfD in Hamburg: “Und wir versammeln uns unter der Parole ‚Merkel muss weg‘, weil sie diejenige ist, die diesen Zustand des permanenten und andauernden Verfassungsbruchs zu verschulden hat. (…) Seither fluten über zwei Millionen junge muslimische Bodybuilder das Land, die sich an den Tafeln im Nahkampf gegen die Rentnerinnen und Bedürftigen und armen Deutschen – die gibt es tatsächlich, ihr da oben – bestens bewähren.“

Wohlgemerkt: eben dieser Matussek wird laut Programm der KHG Darmstadt eingeladen als „Experte“ und „kompetenter Referent“. Was treibt die KHG Darmstadt dazu? Ist es Absicht, dass rechtsreaktionäres Gedankengut salonfähig gemacht wird, dass die Vertreter von rassistischen Ideologien zu „Experten“ gemacht werden, dass die Grenzen des Sagbaren immer weiter verschoben werden?

Wenn sich die KHG Darmstadt nicht eindeutig von den Aussagen der Referenten vom rechten Rand distanziert, müssen wir davon ausgehen, dass die KHG Darmstadt genau weiß was sie tut: sie verschiebt den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts und macht Rechtsradikale salonfähig.

Wir erwarten von der KHG Darmstadt eine Antwort auf unseren offenen Brief und insbesondere zu der Frage, ob sie nach wie vor dazu steht, dass die zwei Referenten Matussek und Liminski für sie wichtige „Experten“ für Medien und für den „Kampf für die öffentliche Meinung“ (s. Einladungstext) darstellen.

Bündnis gegen Rechts Darmstadt

E. Schleitzer

 

Anhang: Dokumentation

Rede von Matthias Matussek auf der Veranstaltung der AfD in Hamburg am 19.03.2018:

„Und wir versammeln uns unter der Parole „Merkel muss weg“, weil sie diejenige ist, die diesen Zustand des permanenten und andauernden Verfassungsbruchs zu verschulden hat. (…)
Seither fluten über zwei Millionen junge muslimische Bodybuilder das Land, die sich an den Tafeln im Nahkampf gegen die Rentnerinnen und Bedürftigen und armen Deutschen – die gibt es tatsächlich, ihr da oben – bestens bewähren. (..)
Unsere Kultur ist christlich geprägt. Wir sind Ebenbilder Gottes, egal ob Mann oder Frau oder Kind, oder auch ungeborenes Kind. Unsere Bildung ist christlich, christlich sind unsere gotischen Dome – Minarette sind nicht darunter. Unsere Wissenschaften, zunächst an christlichen Klöstern, dann an unsere Universitäten weiterentwickelt, unsere Entdeckungen und Patente sprießen aus dieser christlichen Grundlage – von einer muslimischen Erfindergeneration habe ich noch nie gehört. Was die erfunden haben, haben sie gefunden: Öl. Und davon kaufen sie sich zusammen, was sie brauchen, Waffen, Regierungen, Kunst, Technologie.„ www.matthias-matussek.de/wp-content/uploads/2018/03/Rede_19-03-2018_matussek.pdf

Bericht eines Besuchers der Veranstaltung der KHG Darmstadt mit Jürgen Liminsksi am 28.11.2018:

„Im Vortrag Liminskis ging es im Großen und Ganzen um Medienschelte, wie sie auch von AfD und Pegida betrieben wird.  Als akademisch gebildeter Rechter will er sich aber scheinbar nicht offensichtlich mit dem rechten Pöbel gemein machen und möchte in diesem Zusammenhang statt von „Lügenpresse“ lieber von „Lückenpresse“ reden. In den Printmedien und in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden nicht genehme Fakten ausgelassen, verzerrt oder übertrieben dargestellt, um der Bevölkerung ein rot-grünes Weltbild zu vermitteln. Fast Zweidrittel der deutschen Journalisten tendierten zur SPD oder zu den Grünen und stünden damit „links(!) der Mitte“. Links ist für ihn also alles was nicht CDU oder AfD ist. So würden Statistiken über Lebensgemeinschaften falsch interpretiert, um die traditionelle Familie als Auslaufmodell darzustellen. Auch die Rolle der Medien bei der Absetzung des Verfassungsschutzchefs Maßen kommentierte er kritisch, da hier mit dem Begriff der „Hetzjagd“ Stimmung gegen Maßen gemacht wurde.
Der Vortrag war wenig überraschend für Leute, die sich mit den Positionen des Referenten befasst hatten. Überraschend war jedoch das Verhalten der KHG-Verantwortlichen und der anwesenden Mitglieder. Weder in der Einleitung noch im Schlusswort ließ die Diskussionsleiterin den Hauch eines Zweifels an der Kompetenz Liminskis aufkommen, führte viele Presseorgane an, für die er schon arbeitete, ignorierte aber seine regelmäßigen Texte in der „Jungen Freiheit“. Von Distanz gab es keine Spur. Auch in den anschließenden Fragen und Diskussionsbeiträgen wurden die politischen Positionen Liminskis nicht hinterfragt, an seiner Autorität als Journalist wurde nicht gezweifelt.“
www.politnetz-darmstadt.de/node/25441

Hrsg. von Hannes Heer, Peter Behr und Renate Dreesen

Vorwort

(…) In Darmstadt wird die Erinnerungsarbeit seit vielen Jahren von zahlreichen Akteuren, wie der  Geschichtswerkstatt, der Initiative Gedenkort Güterbahnhof, den Gewerkschaften, der VVN, dem Bündnis gegen Rechts, der Deutschen Friedensgesellschaft- Vereinigte KiegsdienstgegnerInnen/Gruppe Darmstadt, aber auch von einzelnen engagierten Menschen
getragen und von der Stadt unterstützt: Das Denkzeichen Güterbahnhof erinnert an die Deportationen der Juden und Sinti und Roma aus dem ehemaligen Volksstaat Hessen. Der Erinnerungsort liberale Synagoge steht für die drei in Darmstadt zerstörten Synagogen. Die Synagoge in Pfungstadt ist die einzige Synagoge, die in der Region um Darmstadt erhalten geblieben ist, wo seit 2002 u.a. an ausgelöschtes jüdisches Leben erinnert wird. (…)

Ein besonders bedrückendes Beispiel für eine bisher nicht gelungene Korrektur des Verschweigens und Verleugnens der Verbrechen Nazideutschlands ist das Leibgardistendenkmal am Schlossgraben, zu dem jedes Jahr am Volkstrauertag ehemalige Militärs sich zu einem Heldengedenken versammeln. Das
Denkmal war zunächst nur den Gefallenen des 1. Weltkrieges gewidmet, wurde dann aber, ohne die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion und in Italien zu erwähnen, um die Ortsnamen von „normalen“ Schlachten und „tragischen“ Niederlagen des 2. Weltkrieges ergänzt. Das kann nicht unkommentiert so weiter bestehen. Deshalb bedarf es einer Erläuterung durch eine Tafel mit den historischen Fakten oder eines an derselben Stelle zu errichtenden Gegen-Denkmals, das die Wahrheit des Vernichtungskrieges erzählt.

Um diese Diskussion anzustoßen, haben wir die vorliegende Publikation erarbeitet und die Akten im Militärarchiv in Freiburg zu den Infanterie-Divisionen 79 und
263 (mit ihren Regimentern 226 und 485) durchforstet sowie anhand der wissenschaftlichen Literatur die Geschichte der 15. Panzer-Grenadier-Division mit dem Regiment 115 dokumentiert. Alle genannten Einheiten waren an den Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1945 beteiligt, wie zahllose Dokumente
belegen. In Städten wie Kiew, Bjelgorod, Charkow, Stalingrad, Bialystok, Minsk, Smolensk und Wjasma, deren Namen in die Schlossgrabenmauer gemeißelt sind, wurde mit unermesslich viel Blut Geschichte geschrieben. Die Orte stehen für den zweiten deutschen Genozid an den slawischen Völkern: Hitlers
Angriffskrieg gegen die Sowjetunion hatte Versklavung und Ausrottung zum Ziel: 30 Millionen Menschen – Rotarmisten und Zivilisten, darunter auch 3 Millionen Juden – verloren ihr Leben.
Auch der Krieg, den Rommels Panzer-Truppen in Nordafrika führten, war ein Verbrechen. Die geplante Vernichtung der Juden in Palästina wurde nur durch die Kapitulation des Afrika-Korps im Mai 1943 verhindert. Und die Fortsetzung der Geschichte der 15. Panzer-Division im besetzen Italien war eine einzige „Blutspur“.

Renate Dreesen und Hannes Heer

Inhalt:

Vorwort
Peter Friedl/ Johannes Lauer: Die Geschichte des Leibgardisten-Denkmals
Renate Dreesen:  Der Bildhauer Heinrich Jobst
Peter Friedl/Johannes Lauer: Träger der Nachkriegserinnerung an  die Wehrmacht in Darmstadt:
Reservistenvereine und Traditionsverbände
Fred Kautz: Der Tanz um den bronzenen Löwen. Ein Darmstädter Kriegerdenkmal und die Kriegsschuldfrage
Peter Behr:  Sichtbar und dennoch übersehen. Spuren militärischer Präsenz in Darmstadt
Hannes Heer: Die Leibgardisten im Vernichtungskrieg 1941 bis 1945
1. Nach Moskau und zurück: Die 263. Infanteriedivision.
2. Vor dem „Opfertod“ in Stalingrad: Die Kriegsverbrechen der 79. Infanterie-Division auf dem Weg durch die Ukraine
3. Die 15. Panzer-Grenadier-Division 1941 bis 1945
4. Vom Verschweigen der Taten, vom Verschwinden der Beweise, vom Verleugnen der Schuld
Peter Schmidt: Tod in den Weltkriegen. Erinnerungen eines Vaterlosen

Dokumentenanhang – Befehle zum Völkermord und Statistiken der Täter
A. Kommissare
B. Gefangene
C. Juden
D. Zivilbevölkerung und Partisanen

Quellen zu den einzelnen Texten
Die Autoren

Im Selbstverlag herausgegeben:
© Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V.
Kontakt:
Renate Dreesen, Adam-Schwinn-Str. 49,
64319 Pfungstadt, 06157/84470,
rdreesen [at] gmx [dot] net
Pfungstadt 2018
ISBN 978-3-00-061173-5
Spendenpreis 12€