Buchveröffentlichung: Verfälschte Erinnerung. Das Leibgardisten-Denkmal in Darmstadt

Hrsg. von Hannes Heer, Peter Behr und Renate Dreesen

Vorwort

(…) In Darmstadt wird die Erinnerungsarbeit seit vielen Jahren von zahlreichen Akteuren, wie der  Geschichtswerkstatt, der Initiative Gedenkort Güterbahnhof, den Gewerkschaften, der VVN, dem Bündnis gegen Rechts, der Deutschen Friedensgesellschaft- Vereinigte KiegsdienstgegnerInnen/Gruppe Darmstadt, aber auch von einzelnen engagierten Menschen
getragen und von der Stadt unterstützt: Das Denkzeichen Güterbahnhof erinnert an die Deportationen der Juden und Sinti und Roma aus dem ehemaligen Volksstaat Hessen. Der Erinnerungsort liberale Synagoge steht für die drei in Darmstadt zerstörten Synagogen. Die Synagoge in Pfungstadt ist die einzige Synagoge, die in der Region um Darmstadt erhalten geblieben ist, wo seit 2002 u.a. an ausgelöschtes jüdisches Leben erinnert wird. (…)

Ein besonders bedrückendes Beispiel für eine bisher nicht gelungene Korrektur des Verschweigens und Verleugnens der Verbrechen Nazideutschlands ist das Leibgardistendenkmal am Schlossgraben, zu dem jedes Jahr am Volkstrauertag ehemalige Militärs sich zu einem Heldengedenken versammeln. Das
Denkmal war zunächst nur den Gefallenen des 1. Weltkrieges gewidmet, wurde dann aber, ohne die deutschen Verbrechen in der Sowjetunion und in Italien zu erwähnen, um die Ortsnamen von „normalen“ Schlachten und „tragischen“ Niederlagen des 2. Weltkrieges ergänzt. Das kann nicht unkommentiert so weiter bestehen. Deshalb bedarf es einer Erläuterung durch eine Tafel mit den historischen Fakten oder eines an derselben Stelle zu errichtenden Gegen-Denkmals, das die Wahrheit des Vernichtungskrieges erzählt.

Um diese Diskussion anzustoßen, haben wir die vorliegende Publikation erarbeitet und die Akten im Militärarchiv in Freiburg zu den Infanterie-Divisionen 79 und
263 (mit ihren Regimentern 226 und 485) durchforstet sowie anhand der wissenschaftlichen Literatur die Geschichte der 15. Panzer-Grenadier-Division mit dem Regiment 115 dokumentiert. Alle genannten Einheiten waren an den Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1945 beteiligt, wie zahllose Dokumente
belegen. In Städten wie Kiew, Bjelgorod, Charkow, Stalingrad, Bialystok, Minsk, Smolensk und Wjasma, deren Namen in die Schlossgrabenmauer gemeißelt sind, wurde mit unermesslich viel Blut Geschichte geschrieben. Die Orte stehen für den zweiten deutschen Genozid an den slawischen Völkern: Hitlers
Angriffskrieg gegen die Sowjetunion hatte Versklavung und Ausrottung zum Ziel: 30 Millionen Menschen – Rotarmisten und Zivilisten, darunter auch 3 Millionen Juden – verloren ihr Leben.
Auch der Krieg, den Rommels Panzer-Truppen in Nordafrika führten, war ein Verbrechen. Die geplante Vernichtung der Juden in Palästina wurde nur durch die Kapitulation des Afrika-Korps im Mai 1943 verhindert. Und die Fortsetzung der Geschichte der 15. Panzer-Division im besetzen Italien war eine einzige „Blutspur“.

Renate Dreesen und Hannes Heer

Inhalt:

Vorwort
Peter Friedl/ Johannes Lauer: Die Geschichte des Leibgardisten-Denkmals
Renate Dreesen:  Der Bildhauer Heinrich Jobst
Peter Friedl/Johannes Lauer: Träger der Nachkriegserinnerung an  die Wehrmacht in Darmstadt:
Reservistenvereine und Traditionsverbände
Fred Kautz: Der Tanz um den bronzenen Löwen. Ein Darmstädter Kriegerdenkmal und die Kriegsschuldfrage
Peter Behr:  Sichtbar und dennoch übersehen. Spuren militärischer Präsenz in Darmstadt
Hannes Heer: Die Leibgardisten im Vernichtungskrieg 1941 bis 1945
1. Nach Moskau und zurück: Die 263. Infanteriedivision.
2. Vor dem „Opfertod“ in Stalingrad: Die Kriegsverbrechen der 79. Infanterie-Division auf dem Weg durch die Ukraine
3. Die 15. Panzer-Grenadier-Division 1941 bis 1945
4. Vom Verschweigen der Taten, vom Verschwinden der Beweise, vom Verleugnen der Schuld
Peter Schmidt: Tod in den Weltkriegen. Erinnerungen eines Vaterlosen

Dokumentenanhang – Befehle zum Völkermord und Statistiken der Täter
A. Kommissare
B. Gefangene
C. Juden
D. Zivilbevölkerung und Partisanen

Quellen zu den einzelnen Texten
Die Autoren

Im Selbstverlag herausgegeben:
© Arbeitskreis ehemalige Synagoge Pfungstadt e.V.
Kontakt:
Renate Dreesen, Adam-Schwinn-Str. 49,
64319 Pfungstadt, 06157/84470,
rdreesen [at] gmx [dot] net
Pfungstadt 2018
ISBN 978-3-00-061173-5
Spendenpreis 12€