Mehr als 700 Menschen kamen am 19. Februar 2021 zur Kundgebung auf dem Luisenplatz und dem Mathildenplatz in Darmstadt, um der Ermordeten in Hanau vor einem Jahr zu gedenken

Am 19.02.2021 jährte sich der feige rechtsterroristische Anschlag von Hanau zum ersten Mal. Das Bündnis gegen Rechts Darmstadt und die Interventionistische Linke riefen zu einer Gedenkveranstaltung auf dem Luisenplatz, anschließendem Demo-Zug zum Mathildenplatz und der Abschlusskundgebung unter dem Motto „Aufklärung in Polizei und allen staatlichen Organen!“ auf. Diesem Aufruf sind mehr als 700 Menschen gefolgt und gedachten der Opfer und zeigten sich solidarisch mit den Überlebenden und den Angehörigen. Es wurde ein deutliches Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und jeder Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gesetzt und damit einhergehend auch Forderungen nach einer lückenlosen Aufklärung der Vorfälle in Hanau und anderswo.

Impressionen

Vielen Dank an protest.foto südhessen für die Aufnahmen und das zur Verfügung stellen.

Redebeiträge vom Luisenplatz

Redebeitrag zum Gedenken an die Opfer in Hanau

Wir sind heute hier zusammengekommen, um an die Menschen zu erinnern, die am 19. Februar 2020 in Hanau vom einem Rechten Terroristen ermordet wurden, sein Name ist nicht wichtig, er hat seine Mutter und sich selbst erschossen.

Wir gedenken der Opfer:

  • Gökhan Gültekin (37)
  • Sedat Gürbüz (30)
  • Said Nesar Hashemi (21)
  • Mercedes Kierpacz (35)
  • Hamza Kurtović (22)
  • Vili Viorel Păun (23)
  • Fatih Saraçoğlu (34)
  • Ferhat Unvar (22)
  • Kaloyan Velkov (33)

Sie hatten alle Migrationshintergrund, lebten mit ihren Familien in Hanau, mit ihren Freunden, sie gehörten dazu und fehlen – nicht nur den Familien und Freunden. Dieses Verbrechen hat eine große Erschütterung ausgelöst. Dass so etwas ein paar Kilometer von Darmstadt entfernt, geschehen ist, zeigt, wie groß die Gefahr des Rechten Terrors ist und dass es uns alle angeht.

[Schweigeminute]

Nach Halit Yozgart, der 2006 in Kassel in seinem Internetcafe vom NSU ermordet wurde, nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsenten Walter Lübcke im Juni 2019 und den die Morden am 19.02.2020 in Hanau durch rechten Terror. Das alles ist in Hessen geschehen. Es gibt eine extrem vernetzte Rechte Szene, die lange nicht im Visier der Ermittlungsbehörden war, Verbindungen zum NSU sind bis heute nicht aufgeklärt. Nach den Morden an Lübcke und in Hanau hat sich in der Wahrnehmung etwas verändert – in der Bevölkerung, auch in der Politik, aber das reicht nicht.

Die Angehörigen tun alles dafür, dass die Namen ihrer Kinder, Mütter und Väter, Partner, Freunde nicht vergessen werden und sie fordern zu Recht, dass das Verbrechen aufgeklärt wird. Dass untersucht wird, warum der polizeiliche Notruf nicht weitergeleitet wurde, warum die Fluchttür in dem Lokal verschlossen sein musste. Die Fragen liegen auf dem Tisch, die Antworten kommen zögerlich. Die politisch Verantwortlichen müssen die Fehler klar benennen und Verantwortung übernehmen, auch persönlich. Konsequenzen müssen folgen.

Die Opfer brauchen Unterstützung – dauerhaft. Wie auch dauerhaft Einrichtungen unterstützt werden müssen, die sich um die Opfer und die Aufklärung kümmern, wie Response oder das Haus am Maiberg. Das heißt, auch Organisationen, die vehement die Aufklärung fordern und unbequeme Fragen stellen, müssen vor Ausgrenzung und Diskriminierung geschützt werden. Dazu ist völlig unwichtig, ob man in allen Fragen mit ihnen übereinstimmt.

Rechter Terror, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegenzutreten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Adam Strauß sagt dazu für den Landesverband der Sinti und Roma: „Der Landesverband begrüßt jedes würdige Gedenken zum 19. Februar und klare Zeichen gegen Antifaschismus und rechten Terrorismus.“ und fordert „ein ein klares Zeichen gegen rechten Terror zu setzen und gemeinsam an der Seite der Überlebenden und Hinterbliebenen zu stehen.“

Das ist es. Das ist unsere Aufgabe: Ein klares Zeichen gegen rechten Terror und Rechtsextremismus zu setzen und gemeinsam an der Seite der Überlebenden und Hinterbliebenen zu stehen mit ihrer Forderung nach Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.

Endlich muss die Gefahr, die von mehr als 13000 gewaltbereiten Rechten ausgeht, gesehen werden. Solche Täter, wie der Mörder von Hanau, die sich im Internet radikalisieren, sind da noch gar nicht erfasst.

Das bedeutet, dass die Aufklärung gewissenhaft betrieben werden muss und keine Relativierung und Verharmlosung geduldet werden darf. Nach solchen Anschlägen wird immer wieder lückenlose Aufklärung versprochen. Die Angehörigen von Vili Viorel Paun fragen, warum ihr Sohn die Notrufzentrale nicht zu erreichen konnte. Es ist schockierend, dass das wurde erst vor kurzem bekannt wurde und bis heute die Notrufweiterleitung nicht funktioniert. Warum war die Fluchttür verschlossen? Welche Rolle hat der Vater des Täters?

Die Angehörigen werden nicht ernst genommen, Vertrauen wird zerstört. Schonungslos muss das alles aufgeklärt werden. Die Verharmlosung muss aufhören. Das ist gilt auch gegenüber den Rechten in den Parlamenten, der AfD, den Querdenkern, die den Holocaust leugnen oder antisemitische Verschwörungstheorien verbreiten.

Wir stehen entschlossen an der Seite der Opfer, der Überlebenden und Angehörigen und trauern mit ihnen – nicht nur an diesem Tag!
Wir fordern Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen.

Redebeiträge vom Mathildenplatz

Videobeitrag

Vielen Dank Kevin Trah-Bente für das Erstellen dieses Videos.