Als die AfD im Frühjahr 2016 in das Darmstädter Stadtparlament einzog, versuchte sie noch den Eindruck zu erwecken, sie sein eine rechtsbürgerliche Partei und unterscheide sich von Pegida-nahen AfD’lern im Osten. Das ist nun vorbei und die AfD setzt sich auch in Darmstadt durch ein besonders aggressives Auftreten in Szene.
Falschinformationen zur neuen Flüchtlingsunterkunft
Die Errichtung der Flüchtlingsunterkunft im Sensfelder Weg in Darmstadts Norden versuchte die AfD für ihre Stimmungsmache zu nutzen. Anlässlich einer Informationsveranstaltung der Stadt vor Ort rief sie zusammen mit einer „Interessengemeinschaft der Anwohner und Gewerbetreibenden“ im September 2016 zu einer Kundgebung auf, um einen – von vorneherein aussichtslosen – Baustopp durchzusetzen. Es lässt sich durchaus darüber streiten, ob dieses Projekt an diesem Ort und in dieser Form sinnvoll ist. Die „Interessengemeinschaft“ (ihr Sprecher ist Mitglied im AfD-Vorstand) hatte allerdings mit einem Flugblatt mobilisiert, in der sie längst widerlegte „Argumente“ neu auflegte (angebliche Verletzung des Bau- und Umweltrechts).Zu dieser Kundgebung erschienen in einem Informationszelt aber nur eine handvoll Anhänger der AfD-Forderung. Bei der parallel stattfindenden Informationsveranstaltung der Stadt Darmstadt machte die AfD keinen Stich. Im Gegenteil: in und um das Informationszelt wurden nach und nach von insbesondere jungen Menschen immer mehr Flugblätter und Aufkleber verteilt, die die AfD kritisierten. Um ihren Misserfolg zu kaschieren, brachte die AfD über ihre eigenen Nachrichtendienste die Meldung heraus, sie habe Strafanzeige gestellt, weil einem AfD’ler angeblich Flugblätter entrissen wurden.
„Bürgersprechstunde“ wird zum Riesenflopp
Noch krasser ging es zu bei der ersten „Bürgersprechstunde“ der AfD am 27.9.2016 im Justus-Liebig-Haus. Vor dem Justus-Liebig-Haus demonstrierten fast 200 Menschen gegen das fremdenfeindliche Agieren der AfD. Direkt vor dem Eingang des Justus-Liebig-Hauses hielt gleichzeitig die AfD eine Kundgebung ab, zu der 3 (in Worten: drei) Personen erschienen. Eine Person wedelte heftig fast eine Stunde mit der Israel-Fahne (!) herum, andere hielten professionell gemachte AfD-Wanderplakate hoch, die die Morde, die von muslimischen Personen an Deutschen und Niederländern begangen wurden, herausstellten. Die Hinweise in Reden der Gegendemonstranten, dass seit 1990 mehr als 180 Menschen Opfer von rassistischer Gewalt in Deutschland wurden, kommentierten sie mit höhnischem Gelächter. Einige Stunden lang standen sich die 3 AfD’ler und die etwa 200 Gegendemonstranten friedlich gegenüber. Die drei AfDler standen frei herum und ließen sich von Aktivisten ansprechen. Die Polizei, die die ganze Zeit präsent war, hatte keinen Grund, sie zu „schützen“. Im Gegenteil, in fast schon vorbildlicher Weise behielten die über 200 Demonstranten sogar in Angesicht der 3 provozierenden AfD-Aktivisten ihre Ruhe und verteilten an Passanten Informationsblätter, in denen die ständig wiederholten falschen Behauptungen der AfD zum Bau der Flüchtlingsunterkunft widerlegt wurden.
Lediglich zu Beginn der Demonstration gab es ein kleines Gerangel in den Räumen der Bürgersprechstunde, das von beiden Seiten ausging. Die Demonstranten haben nach zehn Minuten den von ihnen besetzten Raum wieder verlassen, als die Polizei sie darum bat. Sie haben auch die „besorgten Bürger“ vorbei gelassen, die mit den AfD’lern sprechen wollten. Von Gewalt konnte keine Rede sein.
Wenn Argumente und Unterstützung fehlen, wird nur noch provoziert
Aber die AfD brauchte die Provokation. „Undemokratische Fußtruppen der Antifa, Jungen Grünen und Jusos stürmen die Bürger-Sprechstunde der AfD-Fraktion am 27.09.2016 im Justus-Liebig-Haus in Darmstadt. Die Polizeikräfte und der Einsatzleiter vom 1. Polizeirevier in Darmstadt sehen tatenlos zu.“ Nach der missglückten Kundgebung stellte nun die AfD Anzeigen wegen Körperverletzung und Hausfriedensbruch. Sie legte auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Polizei ein. Außerdem veröffentlichte sie auf ihrer Facebook-Seite Fotos von den Gegendemonstranten, mit der Aufforderung, diese zu identifizieren und deren Namen zu nennen. Gegen diese letzte Maßnahme hat nun seinerseits der DGB eine Anzeige gegen die AfD gestellt.
Scheinheilig stellte die AfD in der aktuellen Stunde des Stadtparlament am 29.9.2016 eine Anfrage, in der es gegen Ende heißt: „Wie weit soll die politische Kultur hier in Darmstadt noch verrohen, bis auch die kommunalen Politiker ein Wort dazu sagen?“ Die Strategie der AfD ist durchsichtig. Sie wiederholt ständig, wie auch im Fall der Flüchtlingsunterkunft, falsche Behauptungen und möchte provozierend eine Eskalation erreichen, um allein damit ein Medienecho zu bekommen. Bisher ist sie damit gescheitert. Ihre Veranstaltungen waren mehr als dürftig besucht. Trotz ihrer Misserfolge in Darmstadt wird die AfD wohl dennoch weiter auf Provokation setzen – anders kann sie nicht.